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Originalarbeit

Auswirkungen von natürlichen Standortbedingungen und ackerbaulichen Maßnahmen auf Bodenorganismen – Erhebungen in den Langzeitversuchen des Julius Kühn-Instituts in Dahnsdorf (Hoher Fläming, Land Brandenburg)

On the effects of natural site conditions and agricultural measures on soil organisms – surveys in long-term experiments of the Julius Kühn-Institute in Dahnsdorf (Hoher Fläming, Land Brandenburg)

Nadine Herwig, Dieter Felgentreu und Bernd Hommel
Affiliation
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin

Journal für Kulturpflanzen, 72 (7). S. 327–337, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.07.09, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Nadine Herwig, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Königin-Luise-Str. 19, 14195 Berlin-Dahlem, E-Mail: nadine.herwig@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
4. Juni 2020
Dies ist ein Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0) zur Verfügung gestellt wird (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 International License (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.en).

Zusammenfassung

Eine hohe Diversität von Bodenorganismen in Verbindung mit deren Ökosystemdienstleistungen nimmt ganz entscheidend Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit und damit die Kulturpflanzenerträge. Regenwürmer und Boden­mikroorganismen stellen für den Abbau des organischen Pflanzenmaterials und damit für die Nährstoffbereitstellung eine wichtige Rolle dar. Untersuchungen zum Schutz und zur Förderung dieser Organismen sind daher eine zentrale Aufgabe in vielen Langzeitversuchen. Erkenntnisse zu den Auswirkungen von natürlichen Standortfaktoren und ackerbaulichen Maßnahmen stehen dabei im Mittelpunkt. Die 5-jährigen Ergebnisse aus den Langzeitversuchen des Julius Kühn-Instituts in Dahnsdorf (Hoher Fläming, Land Brandenburg) zeigen, dass die Witterung und die Bodenbearbeitung viel stärkeren Einfluss auf die Regen­wurmgesellschaften ausüben als Pflanzenschutzmaßnahmen. Besonders deutlich werden die Effekte der nichtwendenden Bodenbearbeitung auf die beiden Leitarten Aporrectodea caliginosa (endogäische Lebensform) und Lumbricus terrestris (anek­tische Lebensform). Neben diesen beiden Leitarten wurden auf dem Versuchsfeld, aller­dings mit deutlich gerin­geren Abundanzen, noch die endo-anektische Art Aporrectodea longa und die beiden endogäischen Arten Aporrectodea rosea und Allobophora chlorotica gefunden. Die Einarbeitung der Stoppel und der Strohreste bei der wendenden Bodenbearbeitung verbessert das Nahrungsangebot für A. caliginosa, die darauf mit einer höheren Abundanz reagieren. Und umgekehrt scheint die nichtwendende Bodenbearbeitung die anektische Art L. terrestris zu fördern, weil das Nahrungsangebot auf dem Boden und der Erhalt der Röhren im Boden dieser Lebensform zugutekommen. Gut zu beobachten war, dass gute Witterungsbedingungen für einen hohen Winterweizenertrag einhergingen mit einer Zunahme der Abundanz aller Arten im Folgejahr. Oder umgekehrt, dass die extreme Trockenheit und die hohen Temperaturen im Jahr 2018 die Abundanz der Regenwurmgesellschaften nachhaltig reduziert haben. Die mittlere Artenanzahl und Anzahl der adulten Regenwürmer über alle Lebensformen und Varianten hinweg liegt mit 3,0 bzw. 58 Tieren pro m2 nah am Referenzwert für „Ackerland auf Sand“ nach Römbke et al. (2012). Weder für die Bodenbearbeitung noch für das Betriebssystem konnte innerhalb des 5-jährigen Untersuchungszeitraumes eine nachhal­tige Änderung der Aktivität der Bodenmikroorganismen in den untersuchten Vari­anten nachgewiesen werden.

Stichwörter: Regenwürmer, Bodenmikroorganismen, Ökologischer Landbau, konventioneller Landbau, Langzeitversuch, Winterweizen, Bodenbearbeitung

Abstract

A high diversity of soil organisms in conjunction with their ecosystem services has a decisive influence on soil fertility and thus crop yields. Earthworms and soil microorganisms are of great importance for the degradation of plant material and thus for the provision of nutrients. Studies on the protection and promotion of these orga­nisms are therefore of central importance in long-term experiments. Findings on the effects of natural site factors and agronomic measures are the focus of these studies. The 5-year results from the long-term experi­ment of the Julius Kühn-Institute in Dahnsdorf (Hoher Fläming, Land Brandenburg) show that weather and tillage have a much stronger influence on earthworm communities than plant protection measures. The effects of conser­vation tillage on the two indicator species Aporrectodea caliginosa (endogeic worm) and Lumbricus terrestris (anecic worm) are particularly clear. Furthermore the endo-anecic worm Aporrectodea longa and the endogeic worm Aporrectodea rosea and Allobophora chlorotica have been found but with less abun­dances. The incorporation of stubble and straw residues into the soil during tillage improves the food supply for A. caliginosa, which reacts with a higher abundance. And vice versa, conservation tillage seems to promote the anectic species L. terrestris, because the food supply on the soil and the preservation of the tubes in the soil benefit this life form. It was well observed that best weather conditions for a high wheat yield were accompanied by an increase in abundance of all species in the following year. Or, conversely, that the extreme drought and high temperatures in 2018 have sustainably reduced the abundance of earthworm communities – regardless of the crop system or tillage. The average number of species and adult earthworms across all life forms and variants is, at 3.0 and 58 animals per m2 respectively, close to the reference value for “arable land on sand” according to Römbke et al. (2012). With regard to soil microorganisms, neither tillage nor the crop system (conventional or organic) have been shown a sustainable change in the activity.

Key words: earthworms, soil microorganisms, organic farming, conventional farming, long-term experiment, winter wheat, tillage

Einleitung

Eine hohe Diversität von Bodenorganismen in Verbindung mit deren Ökosystemdienstleistungen nimmt Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit und damit die Kulturpflanzenerträge. Die Förderung und vor allem der Schutz dieser Organismen vor Auswirkungen ackerbaulicher Maßnahmen, wie Bodenbearbeitung, Fruchtfolgen, Düngung und Pflanzenschutz, stehen mit im Fokus bei der Nachhaltigkeitsbewertung von Anbausystemen (Emmerling & Schrader, 2016a).

Insbesondere unsere Hypothese, wonach eine geringe Bodenbearbeitungsintensität Regenwurmgesellschaften positiv beeinflusst (z.B. vom Pflug über Mulchsaaten bis hin zu Direktsaaten), ist bereits Inhalt relevanter Studien (Seiter et al., 2017; Jänsch et al., 2015; Crittenden et al., 2014; Johnston et al., 2015). Über detaillierte Erhebungen in Langzeitversuchen – wie in dieser Studie – können langfristige Effekte und die Qualität der Wiedererholung von durch ackerbauliche Maßnahmen gestör­ten biologischen Systemen gemessen und bewertet werden.

Voraussetzung dafür ist ein „bodenbiologisches Klassifikations- und Bewertungssystem“ mit dem Ziel Referenzzustände definieren zu können (Römbke et al., 2012). Das Netzwerk Bodendauerbeobachtungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland (BDF) hat das Ziel den Bodenzustand und dessen Veränderung durch äußere Einflüsse zur charakterisieren (Römbke et al., 2012).

Viele Daten zur Diversität und Abundanz der Regenwurmfauna aus den regelmäßigen Erhebungen der BDF und an anderen Standorten werden in der Datenbank EDAPHOBASE (https://portal.edaphobase.org/) abgelegt und berücksichtigen typische Landnutzungssysteme und Bodenparameter, insbesondere pH-Wert, Textur und organische Substanz (Jänsch et al., 2013). Die Autoren der EDAPHOBASE berichten von 32 aufgenommenen Regen­wurmarten, wovon 10 Arten sehr häufig in Deutschland vorkommen.

Für eine nachhaltige Bodenfruchtbarkeit spielen Mikro­organismen eine bedeutende Rolle. Sie sind am Auf-, Ab- und Umbau der organischen Substanz beteiligt und bilden so den Motor für den Nährstoffkreislauf im Boden (Nannipieri et al., 2002). Aus den Erfahrungen bei der Prüfung von Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln hat sich eine Reihe von ökotoxikologischen Endpunkten bestätigt, die als biologische Indikatoren für Veränderungen und Störungen des Ökosystems Boden genutzt werden. Die in der sogenannten ökotoxikologischen Testbatterie zusammengefassten Labor-, Halbfreiland- und Freilanduntersuchungen erlauben eine biologische Charakterisierung von Böden und Bodensubstraten, die mit abiotischen Standortfaktoren verglichen werden können. Da diese Methoden zum großen Teil durch DIN/ISO oder VDLUFA genormt sind, lassen sich Ergebnisse aus verschiedenen Untersuchungen gut miteinander vergleichen.

Das Ziel der Erhebungen zu den Bodenorganismen in Langzeitversuchen des Julius Kühn-Institutes in Dahnsdorf besteht darin, die Auswirkungen von ackerbaulichen Maßnahmen zu identifizieren und sie im Vergleich zu den natürlichen, wie Bodenparameter und Witterung, einzuordnen. Diese mehrjährigen Erhebungen des JKI in Dahnsdorf ergänzen mit kleinräumigen Detailuntersuchungen die Monitoringaktivitäten auf den BDF und spezifizieren die Effekte ackerbaulicher Maßnahmen auf Bodenorganismen. Daraus lassen sich robuste Handlungsoptionen für deren Schutz und Förderung ableiten.

Material und Methode

In den seit 25 Jahren laufenden Langzeitversuchen des JKI auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf (Hoher Fläming, Land Brandenburg) werden seit 2015 jährlich im April in der Parzelle „Winterweizen“ die Diversität und Abundanz der Regenwürmer erfasst. Die Parzelle „Winterweizen“ ist Teil einer 6-feldrigen Fruchtfolge mit wendender und pflugloser Bodenbearbeitung sowie mit verschiedenen Intensitäten eines chemischen Pflanzenschutzes. Die Fruchtfolge und die Intensität des Pflanzenschutzes entsprechen entweder (1) der im § 3 des Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) geforderten guten fachlichen Praxis (GFP) oder (2) den Grundsätzen des Ökologischen Landbaus (ÖKO) mit einer hohen Intensität für die mechanische Unkrautkontrolle. Die Vorfrucht des Winterweizens ist Winterraps in den beiden GFP-Varianten und zweijähriger Anbau einer Luzerne-Kleegras-Mischung in der ÖKO-Variante. Die drei Varianten sind somit (Abb. 1): (1) ÖKO gepflügt, (2) GFP gepflügt und (3) GFP pfluglos.

Abb. 1. Verteilung der beprob­ten Weizenparzellen 2015 bis 2019 in den beiden Langzeitversu­chen „Betriebssystem 1 (BS 1)“ bzw. „Ökologi­scher Landbau (ÖKO 1)“ mit dem dazugehöri­gen Sandgehalt (%).

Abb. 1. Verteilung der beprob­ten Weizenparzellen 2015 bis 2019 in den beiden Langzeitversu­chen „Betriebssystem 1 (BS 1)“ bzw. „Ökologi­scher Landbau (ÖKO 1)“ mit dem dazugehöri­gen Sandgehalt (%).

Distribution of the sampled wheat plots 2015 to 2019 in the two long-term field test far­ming system 1 (BS 1)" and Organic Farming system (ÖKO 1)" with the corresponding sand content (%).

Regenwurmerhebungen

Für jede der drei Varianten wurden jährlich im April zwei Parzellen mit ähnlichem Sandgehalt und höchster Pflanzenschutzmittelintensität ausgewählt (Abb. 1). Aufgrund der hohen Sandgehalte in den Wiederholungen d und g von > 55% wurden in diesen Bereichen keine Beprobungen durchgeführt.

Für die Regenwurmerhebungen wurden je Wieder­holung vier quadratische Löcher von 0,25 m2 und 0,2 m Tiefe ausgegraben und die Regenwürmer über Handauslese des Bodens gesammelt (nach DIN EN ISO 23611–1:2011–09). Die Tiefengräber wurden anstatt mit dem auch heute noch häufig verwendeten Formaldehyd mit dem weniger umwelttoxischen AITC (Senföl, Allyliso­thiocyanat, 100 mg AITC je Liter Wasser, 20 l Lösung je m2) mit einer Zeitdauer von 20 Minuten ausgetrieben. Erfasst wurden die Art, das Entwicklungsstadium „adult“ oder „juvenil“ und das Gewicht der Einzeltiere. Die taxonomische Bestimmung der adulten Regenwürmer erfolgte visuell. Die Auswertung in dieser Studie berücksichtigt die Art und die Anzahl der adulten Tiere. Die Fokussierung der Auswertung auf die adulten Tiere hat den Hintergrund, dass dieses Entwicklungsstadium besser die langfristigen Bedingungen bis zur Probennahme abbildet als dies bei der zusätzlichen Berücksichtigung der juvenilen Tiere der Fall wäre. Der Verzicht auf die juvenilen Tiere macht die Auswertung der Daten unabhängig vom Termin der Probenahme und von der wahrscheinlich oft hohen Mortalität unter den juvenilen Tieren und liefert damit robuste Ergebnisse für die Darstellung von Langzeiteffekten.

Mikrobiologische Untersuchungen

Für die mikrobiellen Untersuchungen wurde etwa 2 bis 3 kg des für die Bestimmung der Regenwürmer ausgehobenen Bodens für Laboruntersuchungen einbehalten. Die Tests erfolgten in Mischungen der 4 Einzelproben. Die Spatenproben wurden auf der Fläche mit einem 5 mm Sieb gesiebt und zu einer Mischprobe vereinigt und in verschließbaren 15 l Polyethylen-Eimern gelagert.

Zur Aktivierung der Mikroorganismenpopulationen wurden die Böden eine Woche vor Testbeginn auf ca. 50% der WKmax angefeuchtet und 7 Tage bei 20°C dunkel gelagert. In Laboruntersuchungen wurden die Mischproben der Böden geprüft.

Die Methoden umfassen:

C-Kreislauf: Basal- und substratinduzierte Atmung (DIN/ISO 16072: 2011), mikrobielle Biomasse Cmik (EN ISO 14240–1:2011), metabolischer Quotient qCO2 (Schinner & Sonnleitner, 1996),

Aktivitätsparameter: Dehydrogenasen-Aktivität DHA (DIN/ISO 23753–1: 2018),

N-Kreislauf: Ammonium, Nitrit und Nitrat (OECD-Guideline 216:2000).

Bodenanalysen

Die Untersuchungen der Bodenproben erfolgten in jeweils einer Mischprobe aus den vier Entnahmestellen pro Parzelle. Die Bodenanalysen erfolgten nach Lufttrocknung und 2 mm Siebung. Im speziellen wurden folgende Methoden verwendet:

pH-Wert (A5.1.1, VDLUFA 1991),

Kationenaustauschkapazität – KAKeff (DIN ISO 11260, 1997),

Korngröße (DIN 19683–2, 1997), CNS (DIN ISO 10694, 1998),

organische Bodensubstanz und Trockenmasse (DIN 19684–3 1998),

Schwermetallgehalte mittels Königswasseraufschluss (A2.4.3.1, VDLUFA, 1991) und anschließender Ana­lyse mittels ICP-OES (Thermo Scientific ICap 7600 DUO).

Bodencharakterisierung

Bei dem Boden des Versuchsfeldes Dahnsdorf handelt es sich größtenteils um einen schluffigen Sandboden mit einem mittleren Sandgehalt zwischen 47,5 bis 50,5%, einem Tongehalt zwischen 4,7 und 8,1% und einem Schluffgehalt zwischen 41,8 und 47,8% (Tab. 1). Die Varia­tion des Ton- und Schluffgehaltes in den einzelnen Parzellen zeigt eine große Spannweite.

Tab. 1. Mittelwert und Standardabweichung der Bodentextur und ausgewählter physikalisch-chemischer Boden­parameter der Bodenmischproben pro Jahr und über alle Jahre. Mittelwerte mit unterschiedlichen Buch­staben zeigen signifikante Unterschiede mit p < 0,05.

Mean values and standard deviation of soil texture and single physico-chemical soil properties per year and per the five-year period. Mean values with different letters show significant differences with p < 0.05.

Parameter

Ein­heit

Variante

Jahr

MW (SD)

2015

2016

2017

2018

2019

Sand

%

ÖKO gepflügt

48,8 (0,2)

51,1 (0,9)

49,5 (0,7)

47,2 (3,6)

55,9 (3,3)

50,5 (3,6)a

GFP gepflügt

45,8 (10,0)

47,2 (2,8)

49,8 (1,3)

46,4 (3,1)

55,0 (3,8)

48,8 (5,2)ab

GFP pfluglos

45,6 (7,8)

53,6 (9,4)

48,2 (0,7)

46,9 (7,2)

43,1 (6,4)

47,5 (6,4)b

Ton

%

ÖKO gepflügt

3,0 (1,8)

5,8 (0,6)

4,7 (1,0)

3,5 (2,7)

21,4 (24,5)

7,7 (11,0)a

GFP gepflügt

6,8 (3,6)

5,2 (0,2)

4,5 (2,4)

5,1 (7,2)

18,7 (11,9)

8,1 (7,5)a

GFP pfluglos

4,2 (1,8)

8,4 (6,1)

4,5 (0,8)

2,2 (0,8)

4,2 (1,7)

4,7 (3,1)a

Schluff

%

ÖKO gepflügt

48,2 (1,6)

43,1 (0,3)

45,8 (0,3)

49,3 (6,3)

22,7 (21,2)

41,8 (12,7)a

GFP gepflügt

47,5 (6,4)

47,6 (2,7)

45,7 (3,7)

48,5 (4,1)

26,4 (15,8)

43,1 (10,7)ab

GFP pfluglos

50,2 (6,0)

38,0 (3,3)

47,2 (0,1)

50,9 (6,4)

52,7 (8,2)

47,8 (6,9)b

pH-Wert

--

ÖKO gepflügt

5,3 (0,2)

5,0 (0,1)

5,4 (0,0)

5,5 (0,1)

4,9 (0,1)

5,2 (0,3)a

GFP gepflügt

5,3 (0,1)

5,3 (0,1)

5,7 (0,2)

5,7 (0,2)

5,4 (0,3)

5,5 (0,2)b

GFP pfluglos

4,9 (0,1)

5,2 (0,0)

5,8 (0,2)

5,7 (0,1)

5,3 (0,1)

5,4 (0,4)b

Organische Substanz

%

ÖKO gepflügt

2,3 (0,8)

1,8 (0,2)

1,9 (0,1)

1,8 (0,3)

1,8 (0,1)

1,9 (0,4)a

GFP gepflügt

2,7 (0,5)

2,4 (0,2)

2,1 (0,4)

2,2 (0,3)

2,5 (0,5)

2,4 (0,4)b

GFP pfluglos

2,8 (0,1)

2,2 (0,3)

2,2 (0,1)

2,2 (0,3)

2,6 (0,2)

2,4 (0,3)b

C/N

--

ÖKO gepflügt

9,0 (0,4)

10,4 (0,4)

7,7 (0,9)

8,9 (1,1)

7,8 (0,3)

8,7 (1,1)a

GFP gepflügt

9,5 (0,4)

10,5 (0.5)

7,0 (0,1)

9,3 (0,4)

9,9 (1,2)

9,2 (1,3)a

GFP pfluglos

9,3 (0,1)

10,9 (0,0)

7,7 (1,5)

8,8 (1,1)

8,6 (0,1)

9,1 (1,3)a

KAKeff

molc kg–1

ÖKO gepflügt

4,3 (0,8)

6,5 (0,4)

3,7 (0,6)

3,1 (0,6)

2,9 (0,1)

4,1 (1,4)a

GFP gepflügt

4,3 (0,4)

7,7 (1,4)

5,0 (0,7)

3,5 (0,4)

4,4 (0,5)

5,0 (1,6)b

GFP pfluglos

4,1 (0,3)

5,3 (0,3)

4,4 (1,4)

3,5 (0,6)

4,7 (0,6)

4,4 (0,8)ab

Zum Teil liegen die Wiederholungen der Probenahmestellen in den einzelnen Jahren räumlich weit auseinander. Der Sandgehalt der ökologisch bewirtschafteten Parzellen ist signifikant höher und der Schluffgehalt signifikant niedriger als bei den pfluglosen Parzellen der GFP Varianten.

Der mittlere Boden-pH-Wert liegt zwischen 5,2 und 5,5 und ist ausreichend für die ausgewählten Fruchtfolgekulturen. Der mittlere Gehalt an organischer Bodensubstanz von 1,9 bis 2,4 ist als schwach bis mittel humos einzustufen (Düwel et al., 2007). Der pH-Wert und der Gehalt organischer Substanz der Öko-Parzellen sind signifikant niedriger als bei den GFP-Parzellen. Das C/N Verhältnis variiert zwischen 7 und 11 und entspricht den typischen Werten landwirtschaftlicher Böden im Berliner Urstromtalgebiet. Die effektive Kationenaustauschkapazität (KAKeff) ist mit Werten zwischen 2,9 und 7,7 molc kg–1 als niedrig einzuordnen und zeigt signifikant nied­rigere Werte der ÖKO-Parzellen im Vergleich zu den gepflüg­ten GFP Varianten.

Die Schwermetallbelastung des Bodens auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf liegt für alle nach Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) relevanten Elemente unter­halb der Vorsorgewerte für sandige Böden (Tab. 2). Auswirkungen der Schwermetalle auf die Bodenorganismen sind deshalb auszuschließen.

Tab. 2. Mittelwert und Standardabweichung der nach BBodschV relevanten Elemente der Bodenmischproben über alle Jahre. Mittelwerte mit unterschiedlichen Buchstaben zeigen signifikante Unterschiede mit p < 0,05.

Mean values and standard deviation of the elements of the composite soil samples relevant according to BBodschV for the five-year period. Mean values with different letters show significant differences with p < 0.05).

Variante

Metallgehalt [mg kg–1]

Cadmium

Chrom

Kupfer

Nickel

Blei

Zink

ÖKO gepflügt

0,14 (0,05)a

6,07 (1,94)a

6,26 (1,97)a

3,46 (0,92)a

13,44 (6,01)a

20,21 (3,93)a

GFP gepflügt

0,15 (0,04)a

7,43 (1,51)b

7,65 (3,53)a

4,29 (0,81)b

16,29 (4,75)ab

24,88 (4,33)b

GFP pfluglos

0,15 (0,07)a

7,73 (1,29)b

7,05 (2,53)a

4,39 (0,62)b

19,19 (7,31)b

24,54 (1,93)b

Vorsorgewert*

0,4

30

20

15

40

60

* Vorsorgewerte für sandige Böden nach BBodSchV 1999

Statistik

Die statistischen Analysen der ANOVA mit nachfolgendem post-hoc Tukey HSD Test zur Unterscheidung signifikanter Unterschiede (p < 0,05) zwischen den Bodenbearbeitungen der unterschiedlichen Bewirtschaftungssysteme (ÖKO: gepflügt, GFP gepflügt und pfluglos) wurden mit RStudio durchgeführt. Der Test auf Normalverteilung erfolgte visuell unter Betrachtung der Q-Q Plots sowie der Residuen vs. Fitted values. Die Varianzhomogenität wurde mittels Bartlett-Test durchgeführt. Die Spearman Korrelationsanalyse der Mittelwerte aus den beiden Betriebs­systemen und Jahren erfolgte ebenfalls mit RStudio. Die Ergebnisse werden als Mittelwert und Standardabweichung der Mischprobe bei den Bodenproben bzw. der 8 Probenahmestellen (2x4) pro Jahr für die Boden­organismen dargestellt.

SAS 9.4 wurde zur Berechnung der mikrobiellen Daten mit der Prozedur GLM und zur graphischen Darstellung der Heatmaps angewendet.

Ergebnisse und Diskussion

Regenwurmerhebungen

Die Regenwurmgesellschaften in den Winterweizenparzellen am Standort Dahnsdorf werden durch fünf Arten charakterisiert: die anektische Arte Lumbricus terrestris, die endo-anektische Art Aporrectodea longa sowie die endo­gäischen Arten Aporrectodea caliginosa, Aporrectodea rosea und Allobophora chlorotica, wobei L. terrestris (im weiteren Text LUMBTE) und A. caliginosa (APORCA) die höchste Stetigkeit aufweisen (sogenannte Leitarten) und damit in das Raster nach Jänsch et al. (2013) der drei häufigsten Arten in Böden mit ackerbaulicher Nutzung passen. Damit repräsentiert der Standort Dahnsdorf 5 der 18 für den gesamten nordostdeutschen Raum beschrie­benen Arten (Krück, 2018). Alle fünf Arten gehören zu der von Jänsch et al. (2013) definierten Gruppe der 10 häufigsten Arten in Deutschland. Sie gehören nach Jänsch et al. (2013) auch zu jener fünfer Gruppe, die am häufigsten in Böden mit niedrigem Gehalt an orga­nischer Substanz (≤2,0%) angetroffen werden.

Epigäische Regenwurmarten, d. h. die Bewohner der Streuschicht, wurden nicht gefunden. Auf das seltene Vorkommen dieser Lebensform in ackerbaulich genutzten Böden verweisen auch Römbke et al. (2012) und Seiter et al. (2017).

Die Anzahl der Arten ist in der Variante ÖKO mit 3,4 ± 0,8 am höchsten, gefolgt mit 3,0 ± 0,9 in der Variante GFP gepflügt und 2,6 ± 0,7 in der Variante GFP pfluglos.

Die ausgeprägte Dominanz der Art APORCA unter den endogäischen und LUMBTE unter den anektischen Arten in verschiedenen Bodenbearbeitungs- und Betriebssystemen ist schon oft beschrieben worden (Crittenden et al., 2014). Von diesen beiden Arten ist ihre große ökologische Varianz bekannt, das heißt beide Arten sind an ganz verschiedenen Standorten zu finden (Krück, 2018). Weitere Untersuchungen zeigen, dass die Abundanz von APORCA gegenüber der von LUMBTE oft höher ist (Crittenden et al., 2014). Crittenden et al. (2014) berichten auch, dass in ihren Untersuchungen LUMBTE oft nur einen Anteil an der Gesamtabundanz von < 1% erreichte. Eine Beobachtung, die für Dahnsdorf nicht zutrifft (Abb. 2). Über den Beobachtungszeitraum der fünf Jahre ist die Abundanz von APORCA mit 17,0 ± 16,9 pro m2 in den ÖKO Parzellen signifikant höher als bei den GFP Varianten (gepflügt: 10,6 ± 8,4, pfluglos: 5,2 ± 5,0). Aber dennoch sind diese Abundanzen niedriger als bei LUMBTE sowohl in der ÖKO-Variante (21,1 ± 22,5), als auch in den GFP Varianten (gepflügt: 37,0 ± 33,4, pfluglos: 44,7 ± 55,4).

Abb. 2. Abundanz der beiden Leitarten in den jeweili­gen Varianten über den Erhebungszeitraum von 5 Jahren (Box-Whisker-Plots mit Angabe des Medianwertes).

Abb. 2. Abundanz der beiden Leitarten in den jeweili­gen Varianten über den Erhebungszeitraum von 5 Jahren (Box-Whisker-Plots mit Angabe des Medianwertes).

Abundance of the two indicator species in the respective variants for the five-year period (box and whisker plots with indication of the median value).

Die Kombination von 6-feldriger Fruchtfolge und Boden­bearbeitung im Zusammenwirken mit den Bodeneigenschaften (hoher Sandgehalt, geringer Gehalt an organischer Substanz) und der oft regenarmen Witterung (ausgeprägte Vorsommertrockenheit) könnten die Dominanz von LUMPTE in den Langzeitversuchen des JKI in Dahnsdorf erklären. Für eine stärkere Population der Art APORCA ist das Nahrungsangebot in der oberen Bodenschicht womöglich zu gering.

In der Öko-Variante sind die beiden Leitarten LUMBTE und APORCA sowie die unter REST zusammengefassten anderen Arten jeweils zu einem Drittel gleichmäßig verteilt (Abb. 3A). Die Variante ÖKO zeigt im Vergleich zu den beiden GFP-Varianten die größte Diversität der Regen­wurmpopulation und damit die geringste Selektion auf eine einzelne Art. Diese Diversität dürfte vor allem auf die positive Wirkung der zweijährigen Vorfrucht einer Luzerne-Kleegras-Mischung und der Düngung der Kartoffelparzellen mit Stallmist (200 dt ha–1) zurückzuführen sein. Auch Bengtsson et al. (2005) zeigen mit ihrer Metastudie den positiven Effekt von ökologischen Anbausystemen auf die Biodiversität von Regenwürmern (12 von 13 Studien).

Abb. 3. Mittlere relative Zusam­mensetzung der Regen­wurmgesellschaften (A) in den drei Varianten in Beziehung zum Weize­nertrag (B), Gehalt an organischer Substanz im Boden (C) und Bo­dentongehalt (D).

Abb. 3. Mittlere relative Zusam­mensetzung der Regen­wurmgesellschaften (A) in den drei Varianten in Beziehung zum Weize­nertrag (B), Gehalt an organischer Substanz im Boden (C) und Bo­dentongehalt (D).

Average composition of earthworm communities (A) in the three variants in relation to wheat yield (B), soil organic matter content (C) and soil clay content (D).

Es scheint so, dass mit der Intensität der Weizenproduktion, ausgedrückt im Ertrag (Abb. 3B), der Anteil von LUMBTE an Dominanz gewinnt und APORCA verliert. Sowohl in der gepflügten als auch in der pfluglosen GFP-Variante ist der prozentuale Anteil der adulten Tiere von LUMBTE größer.

Der Vergleich der beiden gepflügten Varianten zeigt, dass der relative Anteil von LUMBTE in der GFP-Variante um ein Drittel höher ist als in der ÖKO-Variante, während die Abundanz von APORCA um das gleiche Verhältnis niedriger ist. Der Pflug im ökologischen Betriebssystem selektiert weniger stark die Leitarten als in einem konventionellen Betriebssystem. Somit scheinen die positiven Effekte der Fruchtfolge und der organischen Düngung in der ÖKO-Variante die Störung des Bodenlebens infolge der mechanischen Bodenbearbeitung auszugleichen.

Demgegenüber kommt es in der pfluglosen GFP-Variante im Vergleich zur ÖKO-Variante nahezu zu einer Verdopplung des Anteils von LUMBTE zu Ungunsten von APORCA und der anderen Arten. Auch Seiter et al. (2017) konnten bei Mulch- und Direktsaaten einen mode­raten bzw. starken Anstieg der Abundanzen für LUMBTE auf Kosten endogäischer Arten beobachten. Pérès et al. (2011) sehen in der Zunahme der anektischen Arten einen bedeuten Faktor für die Bodenfruchtbarkeit, weil dadurch das Makroporenvolumen und die Boden­aggregation wesentlich erhöht werden.

Bei der konservierenden Bodenbearbeitung werden weniger Pflanzenreste in den Boden eingearbeitet. Dies geschieht zum Nachteil der endogäisch lebenden Regenwurmarten. Was sowohl Crittenden et al. (2014) als auch diese Studie aus Dahnsdorf bestätigen. Der relativ hohe Anteil an adulten Tieren von LUMBTE in der pfluglosen Variante könnte wiederum damit erklärt werden, dass die Tiere auf der Bodenoberfläche ausreichend Nahrung finden und die vorhandenen Röhren in tieferen Bodenschichten durch die Bodenbearbeitung nicht zerstört werden. Nach Seiter et al. (2017) bietet die Direktsaat mit den geringsten Eingriffen in die Bodenstruktur die besten Bedingungen für die anektischen Arten (Tiefengräber).

Generell ist der Gehalt an organischer Substanz in allen drei Varianten mit etwa 2% sehr gering für eine höhere Abundanz endogäischer Regenwürmer. In der ÖKO-Variante ist die organische Substanz signifikant niedriger als in den beiden GFP-Varianten (Abb. 3C). Die Art APORCA ist allerdings an nährstoffarme Böden angepasst (Jänsch et al. (2013)) was ein möglicher Grund für die höhere Abundanz in der ÖKO-Variante sein könnte. Des Weiteren zeigt diese Art eine deutlich höhere negative Korrelation (ρs = –0,537) zur organischen Substanz als LUMBTE (ρs = –0,223) (Tab. 3). Im Gegensatz zu den Erfah­rungen von Emmerling & Schrader (2016b) konnte der zweijährige Anbau einer Luzerne-Kleegras-Mischung und die Düngung mit Stallmist den Gehalt der orga­nischen Substanz in der ÖKO-Variante nicht über das Niveau der GFP-Varianten anheben. Die größere Abundanz der endogäischen Arten in der ÖKO-Variante im Vergleich zu den GFP-Varianten kann auch durch weitere Boden- und Anbauparameter verursacht werden (Jänsch et al., 2013), z.B. der unmittelbaren positiven Wirkung des zweijährigen Anbaus einer Luzerne-Kleegras-Mischung als Vorfrucht zum Winterweizen. Bei den Erhebungen von Crittenden et al. (2014) lagen die Gehalte für die organische Substanz deutlich über 3%, in den ökologischen Varianten sogar 0,2% über den konventionellen Varianten, und damit höher als auf dem Versuchsfeld in Dahnsdorf. Auch Bengtsson et al. (2005), Johnston et al. (2015) und Seiter et al. (2017) stellen fest, dass die organische Substanz und eine konservierende Bodenbearbeitung diverse und individuenreiche Regenwurmgesellschaften begünstigen, wobei Seiter et al. (2017) größere Vorteile bei der Direktsaat als bei der Mulchsaat sehen. Im Modell von Johnston et al. (2015) wird insbesondere Bedeutung der Unkrautkontrolle als wichtige Quelle für die organische Substanz beigemessen.

Tab. 3. Spearman Korrelationskoeffizient (ρs) für die Regenwurmabundanz und die mikrobiologischen Parame­ter zu ausgewählten physikalisch-chemischen Bodenparameter, Winterweizenertrag und Jahresnieder­schlag.

Spearman’s correlation coefficients (ρs) of earthworm abundances and microbiological parameters to selected physico-chemical soil properties, winter wheat yield and annual rainfall.

Parameter

Korrelationskoeffizient (ρs)

APORCA

LUMBTE

GESAMT

Cmik

qCO2

DHA

NH4+

NO32-

Sand

0,533

–0,216

0,096

–0,414

0,489

0,025

–0,257

–0,075

Ton

0,064

–0,336

–0,096

–0,632

0,068

–0,032

–0,282

0,221

Schluff

–0,402

0,227

–0,096

0,471

–0,279

0,161

0,148

–0,189

pH-Wert

0,377

0,694

0,769

0,645

–0,287

0,321

–0,100

–0,176

Organische Substanz

–0,537

–0,223

–0,375

0,029

–0,193

–0,229

0,241

0,525

C/N

–0,367

–0,373

–0,275

–0,522

–0,077

0,104

–0,136

0,163

KAKeff

–0,246

0,154

0,061

–0,389

0,150

–0,202

0,238

0,471

Ertrag 2014–2018

–0,462

0,459

0,311

0,261

–0,221

–0,052

0,113

0,268

Ertrag 2015–2019

–0,395

0,279

0,182

0,032

–0,621

–0,381

0,386

0,743

Niederschlag 2014–2018

0,289

0,715

0,786

0,567

–0,175

0,284

–0,011

–0,458

Niederschlag 2015–2019

0,122

0,306

0,404

0,076

–0,502

–0,700

0,672

0,524

Zusammengefasst kann festgestellt werden, je ungünstiger die Textur für Regenwürmer ist (steigender Sandgehalt) desto wichtiger wird im Rahmen der Fruchtfolge die Zufuhr von organischer Substanz für die Etablierung von diversen und individuenreichen Regenwurmgesellschaften.

Die niedrige Anzahl der APORCA-Tiere in der Variante GFP pfluglos sollte auch vom geringeren Tongehalt verursacht werden, da APORCA tonreiche Böden bevorzugt (Krück, 2018, Römbke et al., 2012). Wenige Probenahmestellen zeigen höhere Ton- und niedrigere Schluffgehalte als die meisten anderen Punkte, die zwischen 5 und 7% liegen (Abb. 3D). Die Sandgehalte variieren eher geringfügig (Tab. 1).

Die Abundanz von APORCA und LUMBTE über die fünf Jahre Beobachtungszeitraum verläuft in allen drei Varianten ungleichmäßig. Mit Beginn der Probenahme im Jahr 2015 bis 2017 wurde eine stetige Zunahme der Abundanz gefolgt von einer Abnahme bis 2019 beobachtet (Abb. 2 und 4). Die hohen Abundanzen 2017 und 2018 sind das Ergebnis von vorangegangen mehrjährigen stabilen Hochertragsbedingungen, die vor allem geprägt waren durch ausreichend Niederschläge. Der Einbruch der Abundanz der Regenwürmer über alle Arten hinweg – wie auch des Ertrages – im Jahr 2019 ist das Ergebnis der extrem trockenen und heißen Witterung im Sommer 2018 (Abb. 4). Die Niederschlagsdaten aus dem Vorjahr zeigen erwartungsgemäß eine starke Korrelation zur Abun­danz adulter Regenwürmer im Folgejahr verglichen mit den Werten aus dem gleichen Jahr (ρs = 0,786 vs. 0,404). Die Spearman Korrelation mit den vorjährigen Ertragsdaten zeigt diesen Zusammenhang nur schwach (ρs = 0,311), während die Ertragsdaten aus demselben Jahr keine Korrelation erkennen lassen (ρs = 0,182) (Tab. 3).

Abb. 4. Mittlere Anzahl der adulten Regenwürmer in den drei Varianten in den Beprobungsjahren 2015 bis 2019 (A) und die Werte für Jahresniederschlag (B) und Weizenertrag (C) aus dem Vorjahr als Interpretations­hilfe für die Schwankung der Regenwurmabundanz zwischen den Jahren.

Abb. 4. Mittlere Anzahl der adulten Regenwürmer in den drei Varianten in den Beprobungsjahren 2015 bis 2019 (A) und die Werte für Jahresniederschlag (B) und Weizenertrag (C) aus dem Vorjahr als Interpretations­hilfe für die Schwankung der Regenwurmabundanz zwischen den Jahren.

Mean number of adult earthworms in the three variants in the total sampling period 2015 to 2019 (A) and the values for annual rainfall (B) and wheat yield (C) from the previous year as an interpretation aid for the fluctuation of the earthworm abundance between the years.

Die mittlere Abundanz aller Arten und über alle fünf Jahre beträgt 58 ± 38 adulte Tiere pro m2 mit einer Arten­anzahl von 3,0 ± 0,9. Die von Jänsch et al. (2013) speziell für sandige Böden (n = 21) berechneten Werte liegen bei 19 ± 28 adulte Tiere pro m2 mit einer Arten­anzahl von 1,9 ± 1,2 und damit niedriger als die mittleren Werte aus Dahnsdorf. Das sollte auch ein Hinweis darauf sein, dass ungünstige natürliche Bedingungen des Bodens über die Regenwürmer fördernde ackerbauliche Maßnahmen (vielfältige Fruchtfolge, konservierende Boden­bearbeitung) zum Teil kompensiert werden können.

Der Vergleich der beiden GFP-Varianten mit der ÖKO-Variante ergibt keine gesicherten Hinweise, dass die Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln Unterschiede zwischen den Varianten (mit)erklären. Dafür ist der Unterschied zwischen der ÖKO-Variante und den beiden GFP-Varianten zu gering und zu stark gekoppelt mit der Bodenbearbeitung und den natürlichen Standortbedingungen. Hinzu kommt, dass die meisten chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel – als Ergebnis der Bewertung der Zulassungsunterlagen – keine Kennzeichnung „Nebenwirkung auf Regenwürmer“ haben (Hommel & Felgentreu, 2016).

Relevant für die Interpretation von Regenwurmdaten sind nach Römbke et al. (2012) vor allem die Bodenbearbeitung, der pH-Wert des Bodens (der optimale Bereich für viele Arten liegt zwischen 5 bis 8), die Bodentextur und Bodenfeuchte (Niederschlag) sowie der Gehalt an organischer Substanz.

Bodenmikroorganismen

Die verschiedenen ackerbaulichen Maßnahmen in den drei Varianten haben auf die mikrobielle Biomasse in den oberen 20 cm des Ackerbodens insgesamt keinen nachhaltigen Einfluss (Abb. 5). Die Unterschiede und hohe Variabilität der Werte können mit den Niederschlägen der Vorjahre erklärt werden (ρs = 0,567) (Tab. 3). Die niedrigen Werte 2019 für die mikrobielle Biomasse in allen Varianten sollten das Ergebnis der Trockenheit und Hitze 2018 sein. Dies ist auch am hohen metabolischen Quotienten aus dem Jahr 2019 zu erkennen, was ein Hinweis auf „gestresste“ Mikroorganismen ist (Abb. 6).

Abb. 5. Mikrobielle Biomasse für die Beprobungsjahre 2015–2019.

Abb. 5. Mikrobielle Biomasse für die Beprobungsjahre 2015–2019.

Microbial biomass for the sampling period 2015–2019.

Abb. 6. Heatmap von Dehydrogenaseaktivität, mikrobielle Biomasse, Nitrat- und Ammonium-N, metabolischer Quotient und Ertrag in den Beprobungsjahren 2015 bis 2019.

Abb. 6. Heatmap von Dehydrogenaseaktivität, mikrobielle Biomasse, Nitrat- und Ammonium-N, metabolischer Quotient und Ertrag in den Beprobungsjahren 2015 bis 2019.

Heat map of dehydrogenase activity, microbial biomass, nitrate and ammonium (NH4-N), metabolic quo­tient and yield in the sampling period 2015 to 2019.

Die Dehydrogenase-Enzyme, als ein Parameter für die allgemeine Aktivität lebender Zellen, sind im Beobachtungsjahr 2018 besonders aktiv (Abb. 6).

Gleichzeitig ist ein geringer Bodengehalt an Nitrat und Ammonium in den Jahren 2018 und 2019 zu beobachten. Offensichtlich konnten die Mikroorganismen das vorhandene Nitrat zum Aufbau ihrer Zellen nutzen und den Stickstoff immobilisieren (Abb. 6).

Der Ertrag in 2018 war am geringsten, so dass der Stickstoff (Nitrat-N und Ammonium-N) nicht zum Aufbau einer erhöhten Pflanzenbiomasse benutzt wurde.

Die Mikroorganismengesellschaften sind in der Lage, relativ schnell die extremen Veränderungen durch das Bodenwenden oder Oberflächengrubbern zu überstehen und sich dem ursprünglichen Zustand wieder anzugleichen, so dass sogar eine Abschätzung der zu erwartenden mikrobiellen Biomasse bei Kenntnis von wenigen Ausgangsgrößen möglich ist (Emmerling & Schrader, 2016b). Die Bedeutung der Diversität der Mikroorganismengesellschaften für deren Funktion, z.B. für den Strohabbau, ist aber auch oft widersprüchlich beschrieben (Emmerling & Schrader, 2016a). Beim Anbau von Kulturpflanzen ist vorrangig wichtig, dass die Funktionen der Mikroorganismen als Destruen­ten und Produzenten für die Nachlieferung von Nährstoffen erhalten bleiben. Sollten Arten ausfallen oder ungünstige Bedingungen vorfinden, so gibt es immer wieder andere Arten, die diese Nischen ausfüllen können. Hier konnten im Untersuchungszeitraum keine Auffälligkeiten beobachtet werden. Im letzten Jahr der sechsjährigen Fruchtfolge ist geplant, über die Bestimmung der Phospholipidfettsäuren die Veränderung der Diversität der Bodenmikroorganismen zu erfassen, um mehrjährige Auswirkungen der ackerbaulichen Maßnahmen zu prüfen.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass die langjährige Witterung, die Fruchtfolge und die Bodenbearbeitung auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf einen starken Einfluss auf die Regen­wurmgesellschaften ausüben. Mögliche (geringe) Effekte von Pflanzenschutzmaßnahmen oder Düngung auf die Regenwürmer konnten deshalb nicht nachgewiesen werden. Besonders deutlich werden die Effekte der pfluglosen Bodenbearbeitung auf die beiden Leitarten A. caliginosa und L. terrestris. Die Einarbeitung der Stoppel und der Strohreste in den Boden bei den gepflügten Varianten verbessert das Nahrungsangebot für die endogäischen Arten, die darauf mit einer höheren Abundanz reagieren. Umgekehrt scheint die pfluglose Bodenbearbeitung günstig für die anektische Art L. terrestris zu sein. Gut zu beobachten war, dass beste Witterungsbedingungen für einen hohen Winterweizenertrag einhergingen mit einer Zunahme der Abundanz aller Arten. Oder umgekehrt, dass die extreme Trockenheit und die hohen Temperaturen im Jahr 2018 die Abundanz der Regenwurmgesellschaften – unabhängig vom Betriebssystem oder der Bodenbearbeitung – nachhaltig reduziert haben.

Die mittlere Artenanzahl und Anzahl der adulten Regen­würmer über alle Lebensformen und Varianten hinweg liegt mit 3,0 ± 0,9 bzw. 58 ± 38 Tieren pro m2 nah am Referenzwert für „Ackerland auf Sand“ nach Römbke et al. (2012).

Die Ergebnisse gehen in die Erarbeitung des Konzeptes für das Trendmonitoring der Regenwurmgesellschaften im Programm der Bundesregierung MonViA von JKI, Thünen-Institut und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ein (www.agrarmonitoring-monvia.de).

Innerhalb des Probenahmezeitraumes konnte zwischen den drei Varianten keine nachhaltige Änderung der Aktivität der Bodenmikroorganismen festgestellt werden.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei den vielen Helferinnen und Helfern für die tatkräftige Unterstützung bei der Handauslese der großen und kleinen Regenwürmer, insbesondere bei unseren technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Frau Baas, Herr Berg, Frau Bloßfeld, Frau Fleßner, Frau Reich, Frau Taghinia und Frau Vetter. Ein ganz besonderer Dank geht an Frau Stefanie Krück für die große Unterstützung bei der Artbestimmung vieler Regenwürmer.

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Literatur

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