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Übersichtsarbeit

Pflanzengesundheitliche Risikoanalyse (PRA)

Pest Risk Analysis (PRA)

Anne Wilstermann und Gritta Schrader
Affiliation
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 72 (8). S. 366–370, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.08.05, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Anne Wilstermann, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig, E-Mail: ag@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
3. Juni 2020
Dies ist ein Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0) zur Verfügung gestellt wird (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 International License (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.en).

Zusammenfassung

Die pflanzengesundheitliche Risikoanalyse (Pest risk ana­lysis; PRA) ist ein zentrales Instrument der Pflanzengesundheit. Sie dient der wissenschaftlich begründeten und nachvollziehbaren Feststellung, ob ein Organismus ein Schadorganismus an Pflanzen ist, dessen Eindringen, Ansiedlung und Ausbreitung potenziell wirtschaftliche, soziale und ökologische Folgen für das betrachtete Gebiet haben kann. Besteht ein nicht unerhebliches Risiko durch den Schadorganismus, werden Maßnahmen gegen seine Ein- und Verschleppung erlassen, um dieses Risiko zu mini­mieren. Pflanzengesundheitliche Maßnahmen können erhebliche Auswirkungen auf beispielsweise Pflanzenproduzenten, Landschaftsbild und Handel besitzen und müssen daher verhältnismäßig sein. In diesem Artikel werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Methodik von PRAs beleuchtet.

Stichwörter: PRA, Risikoanalyse, Pflanzengesundheit, Schadorganismus

Abstract

Pest risk analysis (PRA) is a key instrument of plant health. PRA is the process of evaluating biological or other scientific and economic evidence to determine whether an organism is a pest and if it is capable to cause potential economic, social and ecological consequences for the area under consideration. If the risk is not negligible, measures against the introduction and spread of the pest are issued to minimize this risk. Phytosanitary measures can have a significant impact on plant producers, landscape and trade and must therefore be appropriate. This article examines the legal framework and methodology of PRAs.

Key words: PRA, pest risk analysis, plant health, plant pest

Internationale Übereinkommen

Die Welthandelsorganisation (World Trade Organiza­tion; WTO) legt die Grundsätze der Welthandelsbeziehungen fest, die eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Handelspartnern unterbinden sollen. Im SPS-Agreement (Agreement on the Application of Sanitary and Phytosanitary Measures) wurde vereinbart, dass keinem Land verboten werden darf strikte Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen zu erlassen, sofern diese Maßnahmen

wissenschaftlich gerechtfertigt sind,

nur angewendet werden, wenn es notwendig ist,

nicht restriktiver sind, als notwendig um dem Risiko zu begegnen und

transparent und nichtdiskriminierend sind (WTO, 1994).

Richtlinien für eine solche wissenschaftliche Rechtfertigung im Bereich der Pflanzengesundheit stellt das Inter­nationale Pflanzenschutzübereinkommen (International Plant Protection Convention; IPPC) bereit. Das IPPC wird von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization; FAO) überwacht und wurde von 180 Ländern unterzeichnet (IPPC, 1997). Ziel des IPPC ist es, die Pflanzenressourcen der Welt vor der Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen zu schützen und einen sicheren Handel zu ermög­lichen. Zur Harmonisierung wurden von der IPPC inter­nationale Standards für die Pflanzengesundheit (International Standards for Phytosanitary Measures; ISPM) erlassen. In den ISPM finden sich generelle, theo­retisch nicht bindende Leitlinien für die Durchführung von PRAs. Nationale PRAs können sich in Ihrem Umfang, Form und ihrer Methodik stark voneinander unterscheiden und trotzdem mit den ISPM konform sein.

Risikoanalyse in der EU und Deutschland

Die Pflanzengesundheit in Deutschland ist eingebettet in das Rechtssystem der EU. In der neuen Pflanzengesundheitsverordnung 2016/2031 Anhang I sind, in Übereinstimmung mit den ISPM, Kriterien festgelegt anhand derer das Risiko durch einen Schadorganismus bewertet werden muss. Die regionale Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (European and Mediterranean Plant Protection Organization; EPPO) hat Standards für Express-PRAs (schnelle Risikoanalysen) (EPPO, 2012) und vollständige PRAs (EPPO, 2011) erstellt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority; EFSA) hat einen Leitfaden für quantitative Risikoanalysen erstellt (EFSA PLH Panel, 2018). Die EU strebt eine Harmonisierung der Risikoanalyseverfahren in ihren Mitgliedstaaten an und bietet daher EU-weit Kurse (Better Training for Safer Food; BTSF) an um die nationalen Pflanzenschutzorganisationen (NPPO) zu vernetzen und weiterzubilden. Die vollständige Harmonisierung von Risikoanalyseverfahren in der EU ist aufgrund der historisch gewachsenen Strukturen und Methoden, sowie den sehr unterschiedlichen personellen Kapazitäten der NPPOs in näherer Zukunft nicht zu erwarten. In Deutschland ist die Zuständigkeit des Julius Kühn-Institutes (JKI) für die Erstellung von Risikoanalysen im Pflan­zenschutzgesetz verankert. In der Regel werden in Deutschland Express-PRAs innerhalb weniger Tage durchgeführt. Deuten Informationen zu einem Schad­organismus darauf hin, dass er ein Risiko für einen erheblichen Teil der EU oder der EPPO-Region darstellen könnte, wird eine vollständige Risikoanalyse mit zumeist internationaler Beteiligung durchgeführt. Dieser Prozess dauert meist mehrere Monate. Das JKI wirkt auch bei der Erstellung solcher vollständigen PRAs (EPPO, EFSA) mit.

Aufbau und Methodik

Die Erstellung einer PRA erfordert eine umfassende Recher­che aller relevanter Informationen die für die Bewer­tung des Organismus notwendig sind. Neben der Auswertung wissenschaftlicher Literatur ist dafür oft auch der Austausch mit Experten für den jeweiligen Orga­nismus notwendig. Zusätzliche Informationen wie beispielsweise die Symptomausprägung an den Pflanzen oder die Anzahl der infizierten Pflanzen werden von den Pflanzenschutzdiensten bereitgestellt. Der Prozess einer Pflanzengesundheitlichen Risikoanalyse besteht gemäß ISPM 2 (CPM, 2007) und ISPM 11 (CPM, 2017) generell aus drei Stufen und der Risikokommunikation, die im Folgenden näher beleuchtet werden.

Stufe 1: Initiierung

Startpunkt für eine PRA ist immer die Kenntnisnahme von einem neuen potenziellen Risiko für die Pflanzengesundheit. In Deutschland wird eine PRA gemäß VO (EU) 2016/2031 Artikel 29 zumeist durch die Pflanzenschutzdienste der Länder beantragt, wenn neue Organismen an importierten Waren gefunden werden (Beanstandung) oder wenn ein neuer Organismus in einem Gebiet festgestellt wurde, in dem sein Auftreten bisher nicht bekannt war (Auftreten). Stellt eine Forschungseinrichtung oder eine Einrichtung der Pflanzenzüchtung einen Antrag auf die Verbringung oder den Import eines neuen Organismus, muss auch dafür eine Risikoanalyse erfolgen, damit der Pflanzenschutzdienst gegebenenfalls notwendige Auflagen für den sicheren Umgang, die Verwahrung und Inaktivierung des Organismus anordnen kann (VO (EU) 2019/829). Neue Importvorhaben aus Drittländern können Anlass für eine warenbasierte Risikoanalyse sein, wenn eine neue Warenart eingeführt werden soll, deren Risiken bisher nicht bekannt sind oder eine bekannte Waren­art aus einem neuen Drittland, aus dem die Ware bisher nicht eingeführt wurde. Solche warenbasierten Risiko­analysen werden durch die EU zusätzlich für Gegen­stände und Pflanzen durchgeführt, von denen aufgrund ihrer Produktionsweise und ihrem Verwendungszweck (beispielsweise Pflanzen zum Anpflanzen im Freiland) anzunehmen ist, dass sie ein hohes Risiko für die Einschleppung gefährlicher Schadorganismen besitzen (Hochrisikopflanzen; VO (EU) 2016/2031 Artikel 42). Auch neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft und Praxis wie das Auftreten eines Schadorganismus an einer neuen Pflanzenart, die Entdeckung eines neuen Organismus, erhebliche Schadereignisse oder beobachtete Arealverschiebungen von Schadorganismen („emerging pests“) können Anlass für die Erstellung einer PRA sein. Solche Informationen werden zum Teil über ein gezieltes Screening der weltweiten Literatur („horizon scanning“) durch beispielsweise die EPPO oder EFSA (https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/toc/10.2903/(ISSN)1831-4732.Horizon-scanning-for-plant-health) zusammengestellt. Die EPPO kommuniziert neue Risiken in Frühwarnlisten, damit die Mitgliedstaaten auf diese neuen Risiken reagieren können. Die Überarbeitung von Pflanzengesundheitlichen Maßnahmen, eine veränderte Ausbreitungssituation oder neue Erkenntnisse zu Schadorganismen führen darüber hinaus zu Aktualisierungen bestehender Risikoeinschätzungen.

In der ersten Stufe einer PRA muss zunächst geklärt werden, ob der betreffende Organismus (Tier, parasitische Pflanze, Pilz, Virus, Bakterium, Oomycet, Phytoplasma) eine klar definierte taxonomische Identität hat. Die taxonomische Einheit ist gewöhnlich die Art, kann sich aber auch auf Stämme, Pathovare und Biotypen oder auf Organismengruppen (z. B. Gattungen, Erregerkomplexe) beziehen, sofern es dafür eine Begründung gibt. Zudem muss geklärt werden ob der Organismus ein Schadorganismus an Pflanzen oder Pflanzenprodukten (SO) ist. Die einmalige Beobachtung an geschädigten Pflanzen ist kein Beweis, dass es sich um einen Schadorganismus handelt. Beantwortet werden müssen folgende Leitfragen:

Ist der Organismus irgendwo anders als Schadorganismus an Pflanzen bekannt?

Wurden in Verbindung mit dem Organismus Pflanzenschäden oder Schäden an für Pflanzen nützlichen Organismen festgestellt?

Ist der Organismus ein Vektor für bekannte Schadorganismen?

Wenn alle Fragen mit nein zu beantworten sind, wird der PRA-Prozess gestoppt, weil es sich nicht um einen Schadorganismus an Pflanzen handelt. In jedem anderen Fall wird die PRA fortgesetzt und das PRA-Gebiet festgelegt. Risikoanalysen beziehen sich immer auf ein definiertes Areal für das das Risiko bewertet wird, also beispielsweise auf die EU oder einen Staat. Bei PRAs die durch Deutschland durchgeführt werden, müssen wegen dem gemeinsamen Binnenmarkt auch immer die Belange der anderen EU-Mitgliedstaaten berücksichtigt werden.

Stufe 2: Risikobewertung (Pest Risk Assessment)

Optional beginnt diese Stufe mit einer „Pest categorization“, dabei handelt es sich um ein schnelles Screening, ob ein SO die Voraussetzungen für die Einstufung als Quarantäneschadorganismus erfüllen könnte und daher eine vollständige Risikoanalyse für den Organismus angefertigt werden sollte. Für einen Quarantäneschadorganismus gilt, dass

er im PRA-Gebiet nicht oder nicht weit verbreitet auftritt,

er die Fähigkeit zum Eindringen (Einschleppungsweg), zur Ansiedlung (Klima, Wirtspflanzenverfügbarkeit, ggf. Bodenbeschaffenheit) und zur Ausbreitung (eigene Mobilität, vorhandener Vektor) im PRA-Gebiet hat,

er bei einer Ansiedlung nicht hinnehmbare wirtschaftliche, soziale oder ökologische Folgen hätte und

durchführbare und wirksame Maßnahmen zur Verfügung stehen, um das Eindringen, die Ansiedlung oder seine Ausbreitung zu verhindern.

Die „Pest categorization“ kann mit vergleichsweise wenigen Informationen zumeist relativ schnell erstellt werden und eine erste Einschätzung des SO liefern. An dieser Stelle kann der PRA-Prozess abgebrochen werden, wenn der SO nicht die Anforderungen als Quarantäneschadorganismus erfüllt (Abb. 1). Auf EU Ebene wird die „Pest categorization“ von der EFSA für alle Schadorganismen, die in der VO (EU) 2019/2072 aufgelistet sind (z. B. für Naupactus leucoloma, https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/6104), durchgeführt.

Abb. 1. Der „Picknickkäfer“ Glischrochilus quadrisignatus wurde 2020 an Stämmen von Walnussbäumen aus den USA gefunden. 
Der Käfer kann erhebliche Schäden an Pflanzen verursachen, ist aber schon im Jahr 1948 in Deutschland nachgewiesen wor­den und hat sich in der EU bereits weit verbreitet. Der Käfer ist daher kein potenzieller Quarantäne­schadorganismus (Foto: Siga, CC-BY-SA 3.0, Wi­kimedia Commons).

Abb. 1. Der „Picknickkäfer“ Glischrochilus quadrisignatus wurde 2020 an Stämmen von Walnussbäumen aus den USA gefunden. Der Käfer kann erhebliche Schäden an Pflanzen verursachen, ist aber schon im Jahr 1948 in Deutschland nachgewiesen wor­den und hat sich in der EU bereits weit verbreitet. Der Käfer ist daher kein potenzieller Quarantäne­schadorganismus (Foto: Siga, CC-BY-SA 3.0, Wi­kimedia Commons).

Sind die Anforderungen erfüllt, erfolgt eine umfassendere, wenn möglich quantitative Betrachtung der oben genannten Punkte. Aus den gewonnen Erkenntnissen zum Einschleppungsrisiko und den möglichen Folgen wird ein Gesamtrisiko durch den SO abgeleitet. Wenn ein SO beispielsweise ein mittleres Schadpotential besitzt, aber es nur ein vernachlässigbares Risiko gibt, dass er eingeschleppt wird und sich ansiedeln kann, ist das Gesamt­risiko als niedrig zu bewerten (Abb. 2). In diesem Fall endet der PRA-Prozess und es werden keine weiteren Maßnahmen ergriffen. Ist das Gesamtrisiko hoch, wird empfohlen in Stufe 3 Maßnahmen zur Risikominderung festzulegen.

Abb. 2. Der aus Ostasien stammende Oomycet Peronospo­ra aquilegiicola (Falscher Mehltau) kann erhebli­che Schäden an Akeleien (Aquilegia sp.) verursachen. 
Der potenzielle Quarantäneschador­ganismus wurde 2020 in einem Privatgarten in Niedersachsen entdeckt (Foto: Dr. Thomas Brand).

Abb. 2. Der aus Ostasien stammende Oomycet Peronospo­ra aquilegiicola (Falscher Mehltau) kann erhebli­che Schäden an Akeleien (Aquilegia sp.) verursachen. Der potenzielle Quarantäneschador­ganismus wurde 2020 in einem Privatgarten in Niedersachsen entdeckt (Foto: Dr. Thomas Brand).

Wesentlicher Bestandteil einer Risikobewertung ist die Kommunikation der verbliebenen Unsicherheiten. Letztlich ist niemals mit absoluter Sicherheit vorherzusagen, wie sich ein Organismus in einem neuen Gebiet verhalten wird. Organismen, die in ihrem Herkunftsgebiet nicht als SO bekannt sind, können in neuen Gebieten verheerende Schäden anrichten (bessere klimatische Eignung, neue Wirtspflanzen, Abwesenheit von natürlichen Gegenspielern, andere Produktionssysteme im Pflanzenbau etc.). Darüber hinaus gibt es bei neuen Schadorganismen oft Wissenslücken. Verfügbare Informationen können unvollständig, widersprüchlich oder nicht ausreichend wissenschaftlich belegt sein. Unsicherheiten betreffen oft die Wirtspflanzen (Spektrum, Status (Hauptwirt, Wechselwirt), Verfügbarkeit im PRA-Gebiet), mögliche Bekämpfungsmaßnahmen, Wirksamkeit gängiger Pflanzenschutzmaßnahmen, abiotische Bedürfnisse der SO und generelle biologische Kerndaten (Generationenzahl, Reproduktionsfähigkeit, Überlebensfähigkeit). Die Risikobewertung ist auf eine umfassende wissenschaftliche Datengrundlage angewiesen.

Stufe 3: Risiko-Management (Pest Risk Management)

Wird in der Risikobewertung ein hohes Risiko durch den SO festgestellt, müssen Maßnahmen zur Minderung dieses Risikos ergriffen werden. Phytosanitäre Maßnahmen sind laut ISPM 5 jegliche Gesetze, Regularien oder offi­zielle Prozeduren mit dem Ziel die Einschleppung oder Ausbreitung eines Quarantäneschadorganismus zu verhindern, oder die Auswirkungen von Regulierten Nicht-Quarantäneschadorganismen zu reduzieren (CPM, 2006). Grundlegende Maßnahme gegen die Ein- und Verschleppung von SO ist die Regelung der relevanten, beeinflussbaren Einschleppungswege. Einschleppungswege können Pflanzen, Pflanzenmaterial, Substrate, Verpackungsmaterial, Personenverkehr aber auch die natürliche Ausbreitung eines Organismus sein. Maßnahmen zur Minderung des Einschleppungsrisikos beziehen sich auf den Ort der Erzeugung (Nachweis, dass SO im Land, in einem Gebiet oder einem Betrieb nicht vorkommt; geschlossene Einrichtungen, die Eindringen von SO verhindern) oder auf die Ware (Entfernung aller potentiell befallenen Pflanzenteile, Begasung, Kühlung, Hitzebehandlung, Labor­untersuchungen, Importverbot). Die Entscheidung über die Regelung von Schadorganismen und Warenarten von Pflanzen wird in der EU von der Europäischen Kommission im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel, bestehend aus Repräsentanten aller EU-Mitgliedsstaaten, getroffen. Zur Risikominderung bestehen zumeist mehrere Optionen, von denen der Exporteur die für ihn günstigste Option auswählen kann. Mit der Ausstellung eines Pflanzengesundheitszeugnisses versichert die Pflanzenschutzorganisation des Export­landes die Einhaltung der geforderten Regelungen. Wurde an einer Ware bei einer Importkontrolle ein SO festgestellt, so kann die Ware behandelt, zurück­gesendet oder vernichtet werden. Wenn es zu einem Ausbruch eines geregelten SO im Gebiet der EU kommt, sind Maßnahmen zur Tilgung vorzunehmen. Solche Maßnahmen können lokal begrenzt erhebliche Kosten und Schäden verursachen, beispielweise wenn scheinbar gesunde Bäume im öffentlichen Raum gefällt werden müssen oder einzelne Pflanzenproduzenten Teile ihres Bestandes vernichten oder mit Pflanzenschutzmitteln behandeln müssen. Solche Maßnahmen sind notwendig um erhebliche Schäden im ganzen Risikogebiet zu verhindern. Ist eine Tilgung des SO nicht mehr möglich, müssen Maßnahmen zur Eingrenzung des Befalles getroffen werden, damit es zu keiner weiteren Ausbreitung kommt. Maßnahmen müssen verhältnismäßig zum Risiko sein und sollen nur so lange ergriffen werden, bis ihre Kosten ihren Nutzen übersteigen.

Kommunikation (Risk communication)

Nach Beendigung oder Abbruch der Risikoanalyse müssen die Ergebnisse kommuniziert werden. Das Julius Kühn-Institut stellt seine Express-PRAs digital unter https://pflanzengesundheit.julius-kuehn.de/schaedlinge---risikoanalysen.html der Öffentlichkeit zur Verfügung und übersendet die PRAs direkt an die Pflanzenschutzdienste der Länder. Ein Ausbruch oder eine Beanstandung von Ware mit einem potenziellen Quarantäneschadorganismus wird über die europäischen elektronischen Meldesysteme EUROPHYT-Outbreaks und EUROPHYT-Interceptions direkt der EU-Kommission, den Mitgliedstaaten und ggf. dem beteiligten Drittland übermittelt und dabei auf die vorliegende PRA verwiesen. Die EPPO hat darüber hinaus unter https://pra.eppo.int/ eine Internet-Plattform bereitgestellt, auf der alle EPPO-Staaten und auch Drittländer ihre Risikoanalysen zur Verfügung stellen können. PRAs der EPPO oder der EFSA werden direkt von der ausführenden Organisation publiziert.

Erklärung zu Interessenskonflikten

Die Autoren erklären, dass keine Interessenskonflikte vorliegen.

Literatur

CPM (Commission on Phytosanitary Measures), 2007: ISPM No. 02 - Framework for pest risk analysis. Food and Agriculture Organization, Rome.

CPM (Commission on Phytosanitary Measures), 2006: ISPM No. 05 – Glossary of phytosanitary terms. Food and Agriculture Organization, Rome.

CPM (Commission on Phytosanitary Measures), 2017: ISPM No. 11 – Pest risk analysis for quarantine pests. Food and Agriculture Organization, IPPC, Rome.

EFSA PLH Panel (EFSA Panel on Plant Health), Jeger, M., C.Bragard, D.Caffier, T.Candresse, E.Chatzivassiliou, K.Dehnen-Schmutz, J.-C.Grégoire, J.A.Jaques Miret, A.MacLeod, M.Navajas Navarro, B.Niere, S.Parnell, R.Potting, T.Rafoss, V.Rossi, G.Urek, A.Van Bruggen, W.Van Der Werf, J.West, S.Winter, A.Hart, J.Schans, G.Schrader, M.Suffert, V.Kertész, S.Kozelska, M.R.Mannino, O.Mosbach-Schulz, M.Pautasso, G.Stancanelli, S.Tramontini, S.Vos, G.Gilioli, 2018: Guidance on quantitative pest risk assessment. EFSA Journal 16 (8), 5350, 86 pp., URL: https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5350.

EPPO, 2011: PM 5/3 (5) Decision-support scheme for quarantine pests (version 2011). Access: 5. März 2020. URL: https://www.eppo.int/media/uploaded_images/RESOURCES/eppo_standards/pm5/pm5-03-05-en.pdf.

EPPO, 2012: PM 5/5 (1) Decision-Support scheme for an Express Pest Risk Analysis. EPPO Bulletin 42 (3), 457–462. Access: 5. März 2020. URL: https://doi.org/10.1111/epp.2591.

IPPC, 1997: International Plant Protection Convention. Food and Agriculture Organization, Rome.

WTO, 1994: Agreement on the Application of Sanitary and Phytosanitary Measures. World Trade Organisation, Geneva. Access: 3. März 2020, URL: https://www.wto.org/english/tratop_e/sps_e/spsagr_e.htm.


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